top of page

Loslassen & Stille im Yin Yoga

Loslassen klingt so einfach, und gleichzeitig fällt es uns oft am schwersten. Wir halten fest: an Gedanken, an Erwartungen, an Mustern. Wir tragen Anspannung in unseren Schultern, im Nacken oder in der Hüfte. Manchmal merken wir gar nicht, wie sehr wir im „Festhalten-Modus“ leben.


Yin Yoga ist eine Einladung, genau das zu üben: das bewusste Loslassen. Statt Kraft einzusetzen, lassen wir die Schwerkraft für uns arbeiten. Statt aktiv zu gestalten, üben wir, uns dem Moment hinzugeben.


Die Positionen im Yin Yoga werden mehrere Minuten gehalten. Das kann herausfordernd sein – nicht nur körperlich, sondern vor allem im Kopf. Plötzlich wird es still. Es gibt keinen Rhythmus, kein „höher, schneller, weiter“. Stattdessen begegnen wir uns selbst – mit allem, was da ist.


Meine eigene Yin-Geschichte

Als ich meine Yoga-Reise begonnen habe, war Yin Yoga für mich ehrlich gesagt fast unerträglich. Ich fand es langweilig. Ich wurde unruhig. In meinem Kopf war es laut – zu viele Gedanken, die mich überforderten. Loslassen? Für mich damals undenkbar. Ich wollte etwas tun, mich bewegen, schwitzen, etwas „leisten“.


Viele Jahre später hat sich das verändert. Stück für Stück habe ich verstanden, dass genau in dieser Stille ein Schatz verborgen liegt. Dass Yin Yoga nichts mit Leistung zu tun hat, sondern mit Sein. Und irgendwann war ich soweit: Ich konnte mich darauf einlassen, in die Ruhe eintauchen und bemerken, was mein Körper und mein Geist mir eigentlich sagen.


Heute kann ich mir Yin Yoga gar nicht mehr wegdenken. Es ist für mich ein Tool geworden, um ganz bei mir zu sein. Mit jeder Übung spüre ich meinen Körper intensiver, mein Kopf darf Pause machen. Ich weiß: Sobald ich die Matte für Yin Yoga ausrolle, beginnt für mich eine andere Zeitrechnung – raus aus dem Tun, rein ins Spüren, ins Entspannen, ins pure Sein.


Warum Yin Yoga heute wichtiger denn je ist

Unsere Gesellschaft ist stark im Yang-Modus unterwegs: schnell, laut, leistungsorientiert. Alles dreht sich um Effizienz, Fortschritt, Erreichbarkeit. Wir sind ständig im Außen und verlieren dabei leicht den Kontakt nach innen.


Yin Yoga setzt dem etwas entgegen. Es erinnert uns daran, langsamer zu werden, in uns hineinzuhorchen und Weichheit in unser Leben zu lassen. Weichheit im Körper, indem wir Spannungen lösen. Weichheit im Kopf, indem wir Gedanken ziehen lassen. Weichheit im Herzen, indem wir uns erlauben, einfach zu sein.


Gerade in dieser Zeit, in der so viele Menschen unter Druck stehen, kann Yin Yoga ein wertvolles Gegengewicht sein. Ein Ort, an dem wir wieder lernen dürfen, still zu werden, uns selbst zu spüren und durch die Praxis innerlich aufzutanken.


ree

Yin Yoga als moderne Meditation

Meditation ist für mich bis heute eine große Herausforderung. Vielleicht geht es dir ähnlich: Ich habe manchmal das Gefühl, da sind 100 Tabs in meinem Kopf offen. Stille im Sitzen war schwer auszuhalten.


Yin Yoga war für mich ein Türöffner. Auch wenn es natürlich kein direkter Ersatz ist, empfinde ich es als eine Form von „Meditation in Bewegung“. Das Fühlen im Körper, die Langsamkeit und der Atem geben mir Halt. Ich finde leichter in einen meditativen Zustand, ohne dass ich mit aller Kraft „versuchen“ muss, still zu sein.


Es gibt sogar Parallelen zur Vipassana-Meditation. Vipassana bedeutet „klar sehen“ oder „Einsicht“. Dabei beobachtet man den Atem, Körperempfindungen und Gedanken, ohne sie zu bewerten oder festzuhalten. Genau das geschieht auch im Yin Yoga: Wir bleiben in einer Haltung, nehmen wahr, was auftaucht, und üben, es geschehen zu lassen. Für viele Menschen ist Yin Yoga deshalb ein leichterer Zugang zur inneren Stille, weil der Körper das Tor öffnet.


Loslassen & Stille gehören zusammen

Loslassen heißt nicht, alles fallen zu lassen. Es bedeutet, Vertrauen zu üben: dass wir nicht alles kontrollieren müssen. Dass wir manchmal genau dann am meisten gewinnen, wenn wir weniger tun.


Im Yin Yoga schenken wir uns diesen Raum. Loslassen, Stille, Hingabe – Qualitäten, die uns im Alltag oft fehlen, die wir hier üben dürfen.


Vielleicht magst du dir für deine Praxis diese Woche eine kleine Frage mitnehmen: Wo darf ich im Moment ein Stück mehr loslassen, im Körper, im Kopf, im Alltag?

 
 
bottom of page